24 Juli 2024
5 Minuten
Berlin ohne Currywurst wäre wie eine Bühne ohne Star, wie eine Melodie ohne Harmonie. Denn der Klassiker ist nicht nur ein Snack, sondern ein Stück Berliner Identität.
24 Juli 2024
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Auch wenn der Döner der Currywurst als Snack-Liebling seit Jahren Konkurrenz macht, ist das Herz der Berliner groß genug für beide Kultgerichte. Ursprünglich aus Schweinefleisch hergestellt, gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Varianten, darunter auch Würste aus Bio-Fleisch sowie vegetarische, vegane, halal und koschere Optionen.
Viele der klassischen Currywurstbuden sind Familienbetriebe, die ihre Rezepte und Traditionen seit Generationen pflegen. Mit einer Prise Berliner Schnauze schieben sie stolz ihre Würste über den Tresen; ob mit oder ohne Darm bleibt dabei dem Geschmack des Einzelnen überlassen. Das Besondere aber ist und bleibt die Soße. Jeder Imbiss hütet sein eigenes „Geheimrezept“ – von mild und fruchtig bis hin zu würzig oder gar teuflisch scharf. Doch wo kommt die Original Berliner Currywurst eigentlich her und was macht sie so besonders? Wir haben uns umgehört.
Die Entstehungslegende der Currywurst beginnt im kriegszerstörten Westberlin im September 1949. Dort betrieb Herta Heuwer seit dem Sommer in der Charlottenburger Kantstraße eine kleine Imbissbude. Am 4. September begann sie mangels Kundschaft aus Langeweile mit den Zutaten zu experimentieren, mischte Currypulver mit Tomatenmark, gab einen Schuss Worcestersauce dazu, rührte alles zusammen und dekorierte eine Wurst mit der Soße. Das war die Geburtsstunde der Original Berliner Currywurst.
Die kulinarische Neuheit war ein Volltreffer und fand schnell Nachahmer in der ganzen Stadt, sodass die geschäftstüchtige Herta ihre Soße sogar als Marke beim Patentamt eintragen ließ. „Chillup“ nannte sie ihre pikante Erfindung, eine Wortkreation aus Chili und Ketchup. Wobei sie zeitlebens darauf bestand, dass in ihrer Soße kein Ketchup enthalten sei. Die genauen Zutaten kennt allerdings niemand, denn ihr Geheimrezept nahm die Dame 1999 mit ins Grab. Seit 2003 erinnert eine Gedenktafel am Originalstandort ihrer Imbiss-Bude in der Kantstraße 101 an ihren Beitrag zu Berlins kulinarischem Repertoire.
Die Currywurst wird heutzutage mit und ohne Darm angeboten. Welche Version besser schmeckt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Ursprünglich kam die Berliner Currywurst allerdings ohne Pelle auf den (Papp)-teller, da Schweinedärme in der Nachkriegszeit knapp waren. Bereits 1951 setzte die Fleischer-Innung Qualitätsstandards fest, die bis heute gelten. Nur feine, nicht gepökelte und nicht geräucherte Bratwürste aus Schweinefleisch mittlerer Qualität mit einem Fremdwasseranteil von höchstens fünf Prozent dürfen als Currywurst angeboten werden.
Mit oder ohne Darm – die Zubereitung ist bei beiden Varianten gleich. Die Würste werden im Ganzen gebraten, in mundgerechte Stücke geschnitten, mit Soße übergossen und mit Currypulver bestreut. Dazu gibt es meist eine Schrippe (Brötchen), damit man die Soße schön tunken kann. Aber auch Pommes, gerne mit einem Klecks Mayo verfeinert, passen prächtig dazu. Eine klassische Currywurst wird auf einem rechteckigen Pappteller serviert und mit einem Spießchen verzehrt.
Nicht, wenn es nach Hamburg und dem Ruhrgebiet geht. Denn beide bezeichnen sich ebenfalls als Heimat der Currywurst. Der in Bochum aufgewachsene Herbert Grönemeyer widmete der Currywurst 1982 sogar eine eigene Hymne im schönsten Ruhrpottdialekt mit einem Text von Diether Krebs und Horst-Herbert Krause.
Die Hansestadt stützt ihren Anspruch auf die Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“ (1993) von Uwe Timm. Im Gegensatz zu Herta Heuwer ist die Protagonistin, Imbissbudenbesitzerin Lena Brücker, eine Erfindung des Autors und hat keinen realen Hintergrund. Timm schwört allerdings hoch und heilig, bereits 1947, also zwei Jahre vor Berlin, in Hamburg eine Currywurst vertilgt zu haben.
Unbestritten ist, dass die Geburtsstunde der Currywurst irgendwann in die Nachkriegszeit fällt. Denn erst während der Besatzungszeit kamen die wichtigsten Zutaten überhaupt erst nach Deutschland: Die Briten brachten das Currypulver mit, die Amerikaner den Ketchup.
Die Frage nach der „besten“ Currywurst in Berlin ist natürlich subjektiv und kann je nach Geschmack und Vorlieben variieren. Es gibt jedoch einige legendäre Currywurstbuden, die für ihre Qualität und ihren einzigartigen Geschmack bekannt sind. Wir stellen Ihnen unsere Favoriten vor, die Sie während Ihres Berlin-Aufenthalts unbedingt aufsuchen sollten.
Mit Leidenschaft und Tradition hat sich Curry 36 seit 1981 zu einer Kreuzberger Institution wie aus dem Bilderbuch entwickelt. Für viele Fans gibt es hier Berlins berühmteste Currywurst. Zu jeder Tageszeit stehen sie Schlange – von Promis (sogar Tom Hanks!) und Polizisten bis hin zu Touristen und Taxifahrern – um ihren Gaumen mit den klassischen, Bio- oder veganen Würstchen zu verwöhnen. Zusätzlich zum Stammhaus am Mehringdamm gibt es mittlerweile drei weitere Standorte.
Mehringdamm 36, 10961 Berlin, täglich 9–5 Uhr, U-Bahn: Mehringdamm
Vom Wurstkessel zu einer der berühmtesten Wurstbuden Berlins: Konnopke’s Imbiss prägt seit 1930 die kulinarische Landschaft der Stadt. In dem Kiosk unter den Hochbahngleisen an der Ecke Schönhauser Allee und Danziger Straße im Prenzlauer Berg ging 1960 die erste Currywurst Ostberlins über die Theke – mit einer Soße aus der heimischen Küche. Zu den vielen begeisterten Konnopke’s-Kunden soll auch ein ehemaliger Bundeskanzler zählen. Welche Soße er bevorzugt – „himmlisch“, „scharf“ oder „sehr scharf“ – ist nicht überliefert.
Schönhauser Allee 44b, 10435 Berlin, Di–Fr 11–18 Uhr, Sa 12–18 Uhr So–Mo geschlossen, U-Bahn: Eberswalder Straße
Wer seine Currywurst mit Blick auf die Gedächtniskirche oder das Brandenburger Tor verspeisen möchte, ist bei Curry Wolf genau an der richtigen Adresse. Aber Vorsicht: Die hauseigene Spezialsoße soll süchtig machen und wurde vom umtriebigen Besitzer Matthias Wolf dementsprechend „Opium“ getauft. Für diejenigen, die nicht von der scharfen Soße – oder der leckeren Wurst – loslassen können, gibt es beide im klassischen Bügelglas zum Mitnehmen oder im Online-Shop. Gäste des hippen 25hours Hotel Bikini Berlin in Charlottenburg haben übrigens die Curry-Wolf-Urfiliale praktisch vor der Tür.
Rankestraße 36, 10789 Berlin, täglich 9-22 Uhr, U-Bahn: Kurfürstendamm
„Ein Leben ohne Currywurst ist möglich, aber sinnlos“, lautet das Motto von Curry 61 in Mitte. Und es scheint anzukommen, wenn man die oft lange Schlange auf dem Bürgersteig vor dem Imbiss um die Ecke von den Hackeschen Höfen betrachtet. Hier treffen hungrige Power-Shopper auf echte Currywurst-Kenner, die besonders schätzen, dass die Würste nach eigenem Rezept mit Fleisch aus der Region hergestellt werden. Die hausgemachte Currysoße wird täglich zubereitet und mit frisch geschnittenen Pommes serviert, seit Kurzem auch am Alexanderplatz neben der Weltzeituhr, ganz in der Nähe des umweltfreundlichen Greet Berlin Alexanderplatz.
Oranienburger Straße 6, 10178 Berlin, Mo–Do 11–22 Uhr, Fr–Sa 11–23 Uhr, So 12–21 Uhr, S-Bahn: Hackescher Markt
Lassen Sie sich nicht vom Namen täuschen: Im Bier’s Kudamm 195 wird traditionell die bescheidene Currywurst nämlich nicht mit Bier, sondern mit feinsten Champagner runtergespült. Der 1965 von dem 2022 verstorbenen Fotojournalisten Klaus-Peter Bier gegründete Edelimbiss avancierte schnell zu einem Westberliner Promi-Treffpunkt. Dank der langen Öffnungszeiten genießt die Institution bis heute unter Nachtschwärmern Kultstatus. Filialen finden sich in der Kantstraße und am Checkpoint Charlie, letztere sogar mit einer Ausstellung von Biers Fotoklassikern.
Kurfürstendamm 195, 10707 Berlin, Mo–Sa 11–5 Uhr, So 12–5 Uhr, U-Bahn: Uhlandstraße
Witty’s beweist seit über 20 Jahren, dass Fast Food auch gesund sein kann. Bereits im Jahr 2003 stellte der Originalstand am Wittenbergplatz, gegenüber des KaDeWe und des trendigen Mercure Hotel Berlin Wittenbergplatz, vollständig auf Bio um. Damit darf sich Witty’s stolz als erster Bio-Imbiss Deutschlands bezeichnen. Inzwischen gibt es nicht nur am Ursprungsort, sondern auch in drei weiteren Filialen – darunter am Flughafen – Wurst, Pommes und Soßen in Bio-Qualität.
Wittenbergplatz, 10789 Berlin, Mo–Sa 11–24 Uhr, So 12–23 Uhr, U-Bahn: Wittenbergplatz
Wurstherstellung von Hand ist harte Arbeit. Das weiß Reina Lehmann nur zu gut. In seinem Betrieb im Stadtteil Wedding produziert der gebürtige Berliner und gelernte Fleischer mit Kollegen wöchentlich Tausende seiner beliebten Currywürste sowie eigenen Ketchup und Bouletten. Verkauft werden diese seit dem Mauerfall in Lehmanns bodenständig gebliebenen Wurstimbiss, der Curry Baude, im historischen Eingang des Bahnhofs Gesundbrunnen. Mit klassischem Berliner Charme serviert, sind sie auf jeden Fall eine Reise wert.
Badstraße 1–5, 13357 Berlin, täglich 6–21 Uhr, S- und U-Bahn: Gesundbrunnen
Die Currywurst im Imbiss von Frank Spieß ist definitiv nichts für schwache Nerven oder empfindliche Mägen. Zehn Soßen mit aufsteigender Schärfe stehen zur Auswahl, von der fruchtigen Tropical mit eher harmlosen 11000 Scoville-Einheiten bis hin zur Gold Edition mit höllischen 7 Millionen Scoville. „Hier dürfen Männer noch weinen“ steht – wenn auch nicht mehr ganz zeitgemäß – auf der Markise des Imbisses im Wedding. Und das tun hier auch die hartgesottensten Schärfejunkies.
Ecke Osloer Straße/Prinzenallee, 13359 Berlin, Mo–Fr 11–21 Uhr, Sa 11–19 Uhr, So 13–18 Uhr, U-Bahn: Gesundbrunnen
In Berlin ist die Currywurst eben wahrlich ein Kulturgut und ein Stück Lebensfreude, das zu der Stadt gehört wie das Brandenburger Tor und die Spree.
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