24 Juli 2024
5 Minuten
Die Hackeschen Höfe in Berlin-Mitte sind mehr als nur eine Sehenswürdigkeit. Sie erzählen ein Stück Hauptstadtgeschichte und laden in urbaner Idylle zum Flanieren und Verweilen ein.
24 Juli 2024
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Unweit des Alexanderplatzes, rund um den Hackeschen Markt in Berlin-Mitte, verbergen sich hinter den hübschen Fassaden der Vorzeigehäuser mit ihren kleinen Cafés und zahlreichen Geschäften liebevoll gestaltete, zum Teil mehrfach verwinkelte Hinterhofareale. Zu den bekanntesten Hinterhöfen gehören sicherlich die Hackeschen Höfe Berlin, die man bei einem Streifzug durch die Mitte der Stadt beinahe Gefahr läuft zu verpassen. Abgeschirmt von Straßenlärm und Großstadtrubel offenbart sich hinter dem gerundeten Eckhaus an der Rosenthaler Straße 40 eine eigene kleine Welt, in der es viel zu entdecken gibt: Kunst, Kultur, Hauptstadtgeschichte, inhabergeführte Läden und Manufakturen sowie gemütliche Cafés und Restaurants. Insgesamt reihen sich hier gleich acht Höfe aneinander, und obwohl täglich unzählige Besucher hierher strömen, findet sich immer wieder ein lauschiges Plätzchen, um den geschichtsträchtigen Ort auf sich wirken zu lassen.
Von der Vorstadt zum Szeneviertel – so lässt sich die Geschichte der Gegend rund um die Hackeschen Höfe und den Hackeschen Markt in Berlin-Mitte kurz zusammenfassen. Denn Anfang des 18. Jahrhundert lag das heute quirlige und viel besuchte Viertel noch außerhalb der Berliner Stadtmauern. Doch weil Berlin schon damals viele Menschen anzog, wurde die sogenannte Spandauer Vorstadt nach Berlin eingemeindet und das sumpfige Gebiet um den heutigen Hackeschen Markt trockengelegt. Im Auftrag Friedrichs des Großen ließ der preußische General und Berliner Stadtkommandant Hans Christoph Friedrich von Hacke dann um 1750 herum die so entstandenen Freiflächen bebauen und es entstand der Markt, der heute seinen Namen trägt.
Gut 150 Jahre später war der Hackesche Markt zu einem wichtigen Treff- und Verkehrsknotenpunkt der Stadt geworden. In dieser Zeit wurden auch die Hackeschen Höfe im typischen Stil der Berliner Mietskasernen errichtet und im September 1906 eröffnet – und doch war diesmal etwas anders. Der Architekt und Bauunternehmer Kurt Berndt entwarf das Hofensemble aus zusammenhängenden Wohn- und Gewerbeanlagen ganz im Sinne der Lebensreformbewegung. Am selben Ort sollte gelebt, gewohnt und gearbeitet werden. In den vorderen Höfen befanden sich deshalb Fabriketagen, Handwerksbetriebe und Gewerberäume, in den ruhigeren Hinterhöfen dagegen Grünpflanzen, Brunnen und Mietwohnungen, teilweise mit Balkonen und mit für die damalige Zeit luxuriöser Zentralheizung sowie Innentoiletten.
Doch die Hackeschen Höfe Berlin sollten auch Kulturstätte sein, ein Ort, der die Menschen in und um die heute berühmten Höfe zusammenführte. Entsprechend farbenfroh und auffällig gestaltete der Architekt und Künstler August Endell die Fassaden im ersten Innenhof und auch die beiden Festsäle im Quergebäude im Jugendstil. Ganze 41 verschiedene Fensterformen entwarf Endell für diesen Hof. Auch ein Kino fand hier Unterschlupf, und Clubs und Vereinigungen kamen zusammen, um sich über Kunst und Literatur auszutauschen.
Tipp: An verschiedenen Infopoints in den Hackeschen Höfen Berlin können Sie sich per QR-Code ein kurzes Video auf Ihr Smartphone laden und mehr über die spannende Geschichte des alten Berlins und die einzigartige Architektur der Höfe erfahren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, während der deutschen Teilung, gingen die Hackeschen Höfe in DDR-Volkseigentum über und wurden weitgehend sich selbst überlassen. Zwar wurden die vorderen Höfe noch als Lager genutzt, eine Trabbiwerkstatt zog ein und in den ehemaligen Festsälen probte das DDR-Fernsehballett. Doch so richtig kümmerte sich niemand um die Hackeschen Höfe, das Areal verfiel. Obwohl die Höfe seit 1977 unter Denkmalschutz stehen, wurden sie erst nach der Wende wieder aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt. Vor allem Kultur- und Kunstschaffende entdeckten diesen Ort für sich und nutzen die Räumlichkeiten für ihre Projekte, bevor Mitte der 1990er-Jahre dann das gesamte Areal umfassend saniert wurde.
Funfact: Wim Wenders dienten die Hackeschen Höfe Berlin 1992 als Filmkulisse für seinen Film „Himmel über Berlin“.
Seitdem ist viel passiert, aber das ursprüngliche Konzept der Mischnutzung ist bis heute geblieben – und dieser Mix ist einer der Gründe, warum es viele Besucher von auswärts und auch Einheimische immer wieder in die Hackeschen Höfe Berlin verschlägt. Denn mitten in der pulsierenden Hauptstadt hat man das Gefühl, in eine andere Welt einzutauchen, sobald man durch den Haupteingang gegenüber dem Hackeschen Markt in die Hinterhöfe verschwindet. Ein kleiner Mikrokosmos auf rund 27.000 Quadratmetern, in dem sich neben Wohnungen viele Kultureinrichtungen, kleine Läden, Cafés und Restaurants, aber auch Start-ups der Berliner Digitalbranche niedergelassen haben.
Tipp: In und um die Hackeschen Höfe Berlin gibt es viel zu entdecken und ein einmaliger Besuch reicht meist nicht aus. Das ibis Styles Hotel Berlin Mitte ist ein idealer Ausgangspunkt, um bei einem Berlinbesuch die Gegend ausgiebiger zu erkunden.
Der erste Innenhof ist auch heute noch der imposanteste. Sobald Sie ihn von der Rosenthaler Straße aus betreten, fällt Ihr Blick auf die bunten Jugendstilfassaden. Nicht zu übersehen sind die Leuchtbuchstaben des Chamäleon Theaters in den Fenstern des Quergebäudes. Bis zu sieben Mal in der Woche finden im historischen Ballsaal Aufführungen des zeitgenössischen Zirkus statt. An kleinen Tischen vor der Bühne genießen die Zuschauer Akrobatik, Musik, Tanz und gute Unterhaltung fernab des quirligen Berliner Nachtlebens. Tickets für die abendlichen Shows können Sie online buchen.
Direkt darüber ist das Hackesche Höfe Kino zu Hause, das ein Stück Kiezkultur in die historischen Höfe bringt. Denn abseits des Mainstreams flimmern in den fünf Sälen im vierten Stock des Altbaus direkt unter dem Dach vor allem Filme über die Leinwand, die sich dem Autoren- und Programmkino verschrieben haben und mitunter in keinem anderen Kino der Stadt zu sehen sind. Gezeigt werden die Filme im Originalton mit englischen oder deutschen Untertiteln. Wenn Sie Lust auf einen Kinobesuch in historischer Kulisse haben, sollten Sie das Filmprogramm vor Ihrem Berlinbesuch studieren.
Viele Besucher zieht es tagsüber in die Hackeschen Höfe Berlin wegen der besonderen Geschäfte und Manufakturen, die sich in den Erdgeschossen der verwinkelten Hinterhöfe niedergelassen haben und in gemütlicher Kulisse zum ausgiebigen Stöbern und Entdecken einladen. Hier finden Sie eine große Vielfalt an Designprodukten, Kunsthandwerk, Galerien und sogenannten Flagship-Stores. Vieles wird direkt in den Höfen hergestellt oder weiterverarbeitet.
Bei Auerbach im dritten Hof, einem der kleinsten, gibt es Krawatten, Fliegen – auch nach Maß –, Einstecktücher und Hosenträger. Die im Art-Déco-Stil eingerichtete Manufaktur versetzt Besucher in eine längst vergangene Zeit. Hergestellt wird in Handarbeit im Souterrain, dort wo sich einst die alten Kohlenkeller der Höfe befanden. Schließlich waren die Hackeschen Höfe das erste zentral beheizte Hofsystem Europas. Noch heute sind in der Manufaktur alte Rußpartikel an den Wänden zu sehen.
Auerbach Store & Manufaktur: Hof III, geöffnet Mo–Sa 11:00–19:00 Uhr
Tipp: Durch das Glasdach neben dem Eingang können Neugierige einen Blick in die Manufaktur erhaschen und mit etwas Glück zusehen, wie eine Krawatte oder Fliege entsteht.
Seit vielen Jahren hat die Designerin Birgit Laun ihr Schmuckatelier im sogenannten Brunnenhof der Hackeschen Höfe Berlin. Dort verarbeitet sie alte Handelsperlen, Stein-, Glas- und Silberperlen zu neuen, ganz eigenen Schmuckunikaten. Ein kleiner Geheimtipp, wenn Sie auf der Suche nach einem besonders individuellen Mitbringsel sind, wie einer selbst zusammengestellten Kette oder einem Armband.
Perlin: Hof IV, geöffnet Mo–Sa 11:00–18:00 Uhr
Tipp: Wie der Name Brunnenhof schon verrät, befindet sich in diesem Hof ein kleiner Brunnen. Das sanfte Plätschern und die Bänke drumherum laden zu einer kurzen Pause beim Shopping ein.
Promobo hat es sich zur Aufgabe gemacht, die ausgefallenen Produkte vieler kleiner Designer und Hersteller aus Berlin, Deutschland und ganz Europa einem breiten Publikum vorzustellen. Das Ladenkonzept ist ungewöhnlich: Zum Teil in kleinen Holzwürfeln werden Accessoires, Designermode, -schmuck und -möbel kunstvoll ausgestellt und natürlich auch zum Verkauf angeboten.
Promobo: Hof III, geöffnet Mo–Sa 10:00–21:00 Uhr
In den Erdgeschossen der Hackeschen Höfe haben sich nicht nur kleine Läden und Geschäfte angesiedelt, sondern auch gemütliche Cafés, Shops und Restaurants, die zwischen Sightseeing und Shoppen zu einer kulinarischen Erholungspause einladen.
Hausgemacht wird im Canal Berlin großgeschrieben: Die beiden Patisserie-Expertinnen Daniella Barriobero Canal und Guadalupe Eichner verwenden für ihre süßen Köstlichkeiten Zutaten, die meist von lokalen oder kleinen Lieferanten stammen. Daraus kreieren sie je nach Saison handgemachte, genussvoll verzierte Eclairs und cremige Eissorten. Alles wird täglich frisch vor Ort gezaubert.
Canal I: Hof I, geöffnet Fr 12:00–19:00 Uhr, am Wochenende 12:00–18:00 Uhr
Kleine Tische säumen den Eingang zur Röststätte im ersten Innenhof. Das Café gehört zur Berliner Rösterei und hat sich ganz im Sinne der Rösterei besonderen Kaffeespezialitäten und Coffee Drinks verschrieben. Dazu gibt's hausgemachte Kuchen, und natürlich stehen die hauseigenen Röstungen ebenfalls zum Verkauf.
Röststätte: Hof I, geöffnet Mo–Fr 9:00–18:00 Uhr, Sa. 10:00–18:30 Uhr
Die Geschichte des Restaurants Hackescher Hof reicht bis ins Jahr 1907 zurück, als es als Weinrestaurant Neumann eröffnet wurde und über viele Jahre ein Ort des Vergnügens in den Hackeschen Höfen war. Nach einer umfangreichen Restaurierung Mitte der 1990er-Jahre wurde das Restaurant 1996 wieder eröffnet. Die Inneneinrichtung ist teilweise nach alten Vorlagen rekonstruiert, und im historischen Endell-Saal können Sie heute unter der original erhaltenen Kassettendecke im Berliner Jugendstil genussvoll speisen.
Restaurant Hackescher Hof: Hof I, täglich geöffnet 9:00–23:00 Uhr
Wo einst Trabbis repariert wurden, wird heute unter anderem italienische und französische Küche serviert. Das Salon- und Lounge-Restaurant Oxymoron erinnert mit seinen Messingkronleuchtern und den handgefertigten Tapeten an einen Salon der 1920er-Jahre – ein hervorragender Ort, um als Paar oder mit Freunden stil- und genussvoll in die Berliner Nacht zu starten. Tagsüber bietet das Oxymoron ein Frühstückscafé und ein preiswertes Mittagsmenü.
Oxymoron: Hof I, geöffnet Mo–Sa 10:00–23:00 Uhr
Funfact zum Nachtleben: In den Hackeschen Höfen Berlin war lange Zeit auch eine der bekanntesten Diskotheken der DDR zu Hause. Der 1984 eröffnete Sophienclub zählte für viele zu den Clubklassikern Berlins, und auch nach der Wende schlugen hier die Herzen vieler Tanzwütiger höher. Leider musste der Club im Jahr 2016 schließen.
Obwohl die Hackeschen Höfe zum Verweilen einladen, gibt es für Besucher keine Übernachtungsmöglichkeit. Die Wohnungen in den verwinkelten Hinterhöfen sind vor allem für Berliner reserviert. Und nachts, zwischen 22 und 6 Uhr, sind die meisten Höfe geschlossen, denn auch Berliner müssen mal schlafen. Allerdings gibt es rund um den Hackeschen Markt und den nur wenige hundert Meter entfernten Alexanderplatz zahlreiche Berliner Hotels, die sich als Ausgangspunkt für eine Entdeckungstour rund um die Hackeschen Höfe eignen.
Wer Berlin-Mitte in uriger, quirliger Atmosphäre kennenlernen möchte, sollte sich auf einen Streifzug durch die Hackeschen Höfe begeben. Ein kurzer, aber lohnender Spaziergang, bei dem Sie ein Stück einzigartige Berliner Hinterhofkultur hautnah erleben können und vielleicht sogar mit den Einheimischen ins Gespräch kommen.
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