Berlins East Side Gallery: Kunst, Geschichte und Symbol der Freiheit

Die East Side Gallery zählt zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten Berlins und gilt als Symbol für die Wiedervereinigung Deutschlands und das Ende des Kalten Krieges.

Farbenfrohe Motive, die sich entlang der Spree strecken. Selfie-knipsende Besucher. Ausgelassene Stimmung. Angesichts der bunten Kunstwerke lässt es sich leicht vergessen, dass dieser Ort einmal die Frontlinie des Kalten Krieges markierte.

Immerhin zieren die Malereien den mit gut 1,3 Kilometern längsten noch erhaltenen Abschnitt der Berliner Mauer. Die Mauer wurde 1961 von der DDR-Regierung gebaut, um den Flüchtlingsstrom in den Westen zu stoppen, und trennte für 28 lange Jahre den Westteil der Stadt von Ostberlin und der umliegenden Deutschen Demokratischen Republik.

Nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989 verschwand die verhasste Barriere schnell aus dem Stadtbild, auch dank der sogenannten „Mauerspechte“, die mit Hämmern Souvenirstücke aus der Mauer schlugen. Einige Geschäftstüchtige fanden jahrelang Käufer für die Brocken, auch wenn die Echtheit nicht immer garantiert werden konnte. Heute sind nur noch vereinzelt kleine, oft versteckte Mauerrelikte über die ganze Stadt verteilt zu finden, was die Einzigartigkeit der East Side Gallery für Berlin noch unterstreicht. Doch wie konnte ausgerechnet dieses Stück Mauer überleben?

Die East Side Gallery in Kürze

  • Wo: Mühlenstraße zwischen Ostbahnhof und Oberbaumbrücke in Friedrichshain
  • Wann: Immer geöffnet
  • Wieviel: Umsonst
  • Wie: Mit der S-Bahn bis Ostbahnhof oder mit U- oder S-Bahn bis Warschauer Straße
  • Mehr Info: Stiftung Berliner Mauer

Entstehungsgeschichte der East Side Gallery in Berlin

Die Idee, einen Teil der Mauer als „größte Galerie der Welt“ zu bewahren, entstand kurz nach ihrem Fall im November 1989. Die Künstlerin Heike Stephan aus Ostberlin und ihr Westberliner Kollege David Monty spielten dabei eine entscheidende Rolle. Nach Gesprächen mit dem Ministerium der Nationalen Verteidigung der DDR erreichten sie, dass der Abschnitt entlang der Mühlenstraße zwischen Oberbaumbrücke und Ostbahnhof vom Ministerrat der DDR offiziell zum Projekt „East Side Gallery“ erklärt wurde.

Kunstschaffende aus aller Welt wurden eingeladen, den hässlichen Betonstreifen von Februar bis September 1990 mit ihren Visionen zu gestalten. Am 28. September 1990 wurde die East Side Gallery mit Beiträgen von 118 Künstlerinnen und Künstlern aus 21 Ländern feierlich eröffnet. Die Bilder repräsentieren eine Vielzahl von künstlerischen Stilen und Aussagen und spiegeln die historischen, politischen und kulturellen Aspekte der Berliner Mauer, der deutschen Teilung und der Wiedervereinigung wider. Einige drücken Sehnsucht nach Frieden und Freiheit aus, andere thematisieren den Kampf gegen Unterdrückung oder reflektieren Ängste vor Veränderung und einer ungewissen Zukunft.

Hintergrundfakt: Die East Side Gallery war Teil der sogenannten Hinterlandmauer, die an diesem Abschnitt zusammen mit der Spree und einer zweiten Mauer am Westufer die Grenze bildete.

Die East Side Gallery im Wandel der Zeit

Dieses beliebte Kunstwerk im öffentlichen Raum wurde bereits im November 1991 unter Denkmalschutz gestellt, hat jedoch seitdem mehrere Veränderungen erfahren müssen. Zwei Jahrzehnte nach seiner Entstehung waren die Spuren von Witterung und leider auch von Vandalismus nicht zu übersehen, sodass 2009 das Bauwerk und die Bilder umfassend saniert werden mussten. Viele Künstlerinnen und Künstler reproduzierten oder restaurierten ihre Originalwerke, andere schufen neue Motive und ein paar wenige beteiligten sich diesmal nicht.

Eine weitere Bedrohung kam durch die Bebauung des Spreeufers und des Areals östlich der Mühlenstraße. In Rekordzeit entstand dort ein brandneues Stadtquartier mit Wohn- und Bürohochhäusern sowie dem Entertainment-Viertel rund um die Uber Arena (bis März 2024 Mercedes-Benz-Arena). Bereits 2006 wurde ein Teilstück der East Side Gallery Berlin versetzt, um Platz für einen Schiffsanleger mit direkter Verbindung zur Konzerthalle zu schaffen. Und sieben Jahre später wurden trotz massiver Proteste, denen sich sogar David Hasselhoff anschloss, weitere Segmente für den Bau eines 63 Meter hohen Wohnblocks mit Luxusapartments umgesetzt.

Hintergrundfakt: Etwa 15 Kilometer der an Westberlin grenzenden Mauer waren bereits seit Anfang der 80er-Jahre mit Graffiti und Street-Art bemalt.

Entspannt im East-Side-Park

Heute befinden sich die umgesetzten Kunstwerke an der Rückseite der East Side Gallery in Berlins East-Side-Park, der auf dem ehemaligen Todesstreifen zwischen Mauer und Spree entstand. Der Grünstreifen ist ein beliebter Ort zum Flanieren und für eine willkommene Pause vom Sightseeing, mit herrlichem Blick auf das Kreuzberger Ufer, die vorbeifahrenden Schiffe und die märchenhafte Oberbaumbrücke. Besonders zauberhaft ist der Park bei Sonnenuntergang und zu Beginn des Frühlings, wenn die japanischen Kirschbäume, die von japanischen Bürgern aus Freude über die Wiedervereinigung und als Zeichen der Freundschaft gespendet wurden, für ein paar Wochen die Umgebung mit einem leuchtend rosa Blütenmeer schmücken.

Hintergrundfakt: Mindestens fünf Menschen starben im Bereich der heutigen East Side Gallery bei Fluchtversuchen nach Westberlin, der erste im Oktober 1961, nur zwei Monate nach dem Mauerbau.

Die berühmtesten Bilder der East Side Gallery: Unsere fünf Favoriten

Viele der Kunstwerke an der East Side Gallery sind weltweit bekannt. Hier unsere Auswahl an Motiven, die Sie während Ihres Berlin-Besuchs auf keinen Fall verpassen sollten.

1. „Mein Gott, hilf mir, diese tödliche Liebe zu überleben“, Dmitri Wrubel

Kaum jemand kennt den offiziellen Titel des berühmtesten Gemäldes an der East Side Gallery. Besser bekannt als der „Bruderkuss“, stammt es von dem in Moskau geborenen und 2022 verstorbenen Künstler Dmitri Wrubel. Zu sehen sind die Staatsoberhäupter der DDR und der Sowjetunion – Erich Honecker und Leonid Breschnew – küssend und in inniger Umarmung, ein typisches Begrüßungsritual in sozialistischen Politikerkreisen. Das Motiv basiert auf einem Pressefoto, das 1979 während der Feierlichkeiten zum 30-jährigen Bestehen der DDR aufgenommen wurde. Doch Hintergrund ist auch ein privater Konflikt Wrubels, auf den der offizielle Titel anspielt: Der Künstler war 1990 nämlich in zwei Frauen verliebt und konnte sich nicht zwischen ihnen entscheiden.

2. „Test the Rest“, Birgit Kinder

Das Bild der Ostberliner Künstlerin Birgit Kinder zeigt einen Trabant (Trabi), der mühelos und ohne Kratzer durch die Berliner Mauer bricht. Das legendäre Auto der DDR trägt das Kennzeichen „9. November 1989“ und steht als Metapher für die friedliche Revolution in der DDR, die ohne Gewalt zum Fall der Mauer führte. Ursprünglich nannte die Künstlerin das Bild „Test the Best“, doch nach der Restaurierung im Jahr 2009 entschied sie sich für den neuen Namen.

3. „Vaterland“, Günther Schaefer

Die Arbeit „Vaterland“ von Günther Schaefer, einem der Künstler der ersten Stunde an der East Side Gallery, ist in tragischer Weise aktueller denn je. Inspiriert von den Ereignissen an einem anderen 9. November, der Reichspogromnacht 1938, vereint das Bild die deutsche und die israelische Flagge als Symbol des Friedens und als Mahnmal gegen den Faschismus. Bis heute wird es immer wieder mit antisemitischen Parolen beschmiert, die Schaefer bis kurz vor seinem Tod Ende 2023 mit Engelsgeduld über 60-Mal entfernte.

4. „Umleitung in den japanischen Sektor“, Thomas Klingenstein

Klingenstein galt in der DDR als Oppositioneller und wurde 1981 nach vier Monaten in einem Stasigefängnis in die BRD abgeschoben. Das Bild zeigt eine geöffnete Mauer mit Blick auf den Berg Fuji und reflektiert seine lebenslange Leidenschaft für Japan, wo er von 1984 bis Mitte der 90er-Jahre lebte.

5. „Berlyn“, Gerhard Lahr

Lahr war ein renommierter Kinderbuch-Illustrator, dessen fantasievolle Zeichnungen auch über die Grenzen der DDR hinaus Anerkennung fanden. Sein Werk „Berlyn“ zeigt die Berliner Mauer in ihrer frühen Bauphase mit einer Krone in Y-Form aus Stacheldraht. Am Horizont sind symbolisch New York und Tokyo zu sehen, die durch den Fall der Mauer endlich erreichbar wurden.

Was gibt's in der Nähe?

Oberbaumbrücke

Die Oberbaumbrücke, ein Wahrzeichen Berlins, verbindet die Stadtteile Friedrichshain und Kreuzberg über die Spree. Mit ihren märchenhaften Türmen und Bögen ist sie nicht nur eine wichtige Verkehrsader, sondern auch ein architektonisches Juwel aus dem 19. Jahrhundert. Auch toll: Der Blick auf die Skyline mit Fernsehturm und Spree, besonders bei Sonnenuntergang.

RAW-Gelände

Das RAW-Gelände hinter der Warschauer Brücke ist ein kreatives Zentrum für alternative Kunst, Kultur und Party und einer der letzten Orte, wo der alternative Geist Berlins noch lebt. In den mit Street-Art übersäten historischen Industriegebäuden des ehemaligen Reichsbahn-Ausbesserungswerks (RAW) finden sich neben Clubs, Kneipen und Konzerthallen auch eine hippe Pool-Lounge, eine Kletterwand, eine Skatehalle und ein Biergarten. Am Wochenende suchen Schnäppchenjäger auf dem Flohmarkt nach Unikaten.


Revaler Str. 99, 10245 Berlin, U- und S-Bahn Warschauer Straße

East Side Mall 

Wer nach dem Kulturgenuss Lust auf Shopping verspürt, hat es nicht weit zur East Side Mall – einem urbanen Treffpunkt für Berliner und Besucher. Mit über 100 Geschäften bietet das Einkaufszentrum eine große Auswahl an Mode, Technik und Unterhaltung sowie einen großen Food-Court. Bonus: Der spektakuläre Blick vom Parkdeck auf die East Side Gallery und Berlins Skyline.


Tamara-Danz-Straße 11, 10243 Berlin, U- und S-Bahn Warschauer Straße, täglich außer So 10:00–18:00 Uhr