20 November 2025
5 Minuten
Meterhohe Regale, alte Manuskripte und Bibliothekssäle, die ihresgleichen suchen: In Prager Bibliotheken erwarten Sie nicht nur Bücher, sondern auch architektonische Meisterwerke.
20 November 2025
5 Minuten
Albert Einstein soll einmal gesagt haben: „Das Einzige, was man unbedingt wissen muss, ist der Standort der Bibliothek.“ Auch in Prag. Zumindest, wenn Sie bei einer Sightseeing-Tour durch die Goldene Stadt an der Moldau auch die prachtvollen Büchertempel auf Ihre Wunschliste setzen. Sie werden auf jeden Fall belohnt, denn Sie bekommen nicht nur jahrhundertealte literarische Kostbarkeiten und reich verzierte Decken zu sehen, sondern tauchen auch ein in eine Welt, die fernab des Hauptstadttrubels dazu einlädt, einen Gang zurückzuschalten und sich von längst vergangenen Zeiten verzaubern zu lassen. Begleiten Sie uns auf eine Tour zu Orten in Prag, an denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint.
Im Herzen der Altstadt, nur wenige Schritte von der vielbesuchten Karlsbrücke entfernt, steht erhaben das Clementinum (Klementinum) – neben der Prager Burg der zweitgrößte Gebäudekomplex der Stadt. Wer es betritt, könnte meinen, in eine Welt einzutauchen, in der Zeit und Raum ihren eigenen Gesetzen folgen. Die altehrwürdigen Hallen, einst ein Jesuitenkolleg und jahrhundertelang ein Zentrum europäischer Gelehrsamkeit, bergen einen der kostbarsten Schätze der Stadt: die Tschechische Nationalbibliothek (Národní knihovna ČR). Von vielen wird diese Bibliothek in Prag als eine der schönsten weltweit bezeichnet – und in der Tat ist der prunkvolle barocke Saal mit den stuckverzierten Fenstern, goldenen Ornamenten und Globen sowie kunstvollen Deckenfresken eine wahre Augenweide.
Der Legende nach besaßen die Jesuiten nur ein einziges Buch, als sie im Jahr 1556 mit dem Bau dieser Bibliothek in Prag begannen. Heute umfasst die Sammlung der Nationalbibliothek Tschechiens mehr als sieben Millionen Exemplare, darunter auch seltene Manuskripte und Drucke. 27.000 Bände, viele davon in ledergebundenen Originalausgaben aus dem 17. und 18. Jahrhundert – darunter auch Schriften Keplers –, schmücken die reich verzierten Regale im barocken Bibliothekssaal, der sich über mehrere Ebenen mit kunstvoll geschmiedeten, goldfarbenen Emporenbalkonen erstreckt.
Ein wahrer Schatz: Das älteste Buch im Bestand ist der Vyšehrad-Codex, eines der wertvollsten und bedeutendsten Manuskripte aus dem späten 11. Jahrhundert, das anlässlich der Krönung von Vratislav II., dem ersten König von Böhmen, angefertigt wurde.
Leider können Sie den geschwungenen Saal nur aus der Ferne bewundern. Doch allein der hinein ist überwältigend und reicht, um sich von der illusorischen Kuppelbemalung – den Tempel der Weisheit von Jan Hiebel – vereinnahmen zu lassen. In der Mitte des Saals stehen goldene Globen in Reih und Glied. Wenn Ihnen der Duft von altem Leder und Papier um die Nase weht, fällt es nicht schwer, sich auszumalen, wie hier einst Gelehrte unter leisem Gemurmel und dem Rascheln von Pergament die Welt zu ergründen versuchten.
Gut zu wissen:
Wenn Sie schon einmal im Clementinum sind, sollten Sie noch etwas mehr Zeit einplanen, um sich den gesamten Komplex mit seinen idyllischen Innenhöfen anzusehen. Immerhin lehrte Albert Einstein hier, und Wolfgang Amadeus Mozart gab mehrere Vorführungen. Allein die Anlage ist ein architektonisches Kunstwerk für sich. Vom Astronomischen Turm genießen Sie einen fantastischem Blick über Prag. Im sogenannten Meridiansaal führten Gelehrte einst astronomische Messungen und Berechnungen durch. Und im rosafarbenen Spiegelsaal können Sie regelmäßig Jazz- und klassischen Konzerte lauschen. Informieren Sie sich am besten frühzeitig, um bei Ihrem Besuch vielleicht auch in den Genuss einer solchen Veranstaltung zu kommen. Dank ihrer Lage in der Altstadt lässt sich ein Besuch in der Bibliothek Prags auch wunderbar mit einer Sightseeing-Tour verbinden.
Unweit der Prager Burg, auf der Prager Kleinseite (Malá Strana), verbirgt sich hinter alten Klostermauern eine der schönsten barocken Bibliotheken Prags – und schenkt man den Einheimischen Glauben, sollten Sie sich diese bei einem Besuch in der tschechischen Hauptstadt keinesfalls entgehen lassen. Warum also nicht den Aufstieg auf den Hradschin mit einem kurzen Abstecher zum Prämonstratenserkloster Strahov verbinden? Durch ein mondänes Barocktor, dessen Spitze die Statue des Hl. Norberts krönt, betreten Sie das Kloster, das bereits im 12. Jahrhundert gegründet wurde und heute zu den ältesten Klöstern in ganz Tschechien zählt. Noch immer leben dort Mönche, die die Besuchenden empfangen.
Bei einem Spaziergang durch den riesigen Klosterkomplex begleiten Sie kulturelle Schätze auf Schritt und Tritt: die St.-Rochus-Kirche, die Maria-Himmelfahrtskirche, in der Mozart einst die Orgel gespielt haben soll, die Strahover Gemäldegalerie und die eindrucksvolle Bibliothek mit ihren rund 200.000 Bänden, die Sie mit Ihrer barocken Pracht garantiert verzaubern wird. Denn die barocke Architektur, die prunkvollen Lesesäle und die bedeutenden historischen Sammlungen lassen nicht nur die Herzen von Architekturfans oder Bücherfreunden höherschlagen.
Funfact: Auch das Kloster Strahov ist ein beliebter Drehort, und die prunkvolle Klosterbibliothek präsentierte sich über den Dächern der goldenen Stadt als House of Lords im Bond-Film „Casino Royale“ (2006).
Highlight der Klosteranlage ist zweifelsohne ihre barocke Bibliothek, die zwei prächtige Säle umfasst und in einem klassizistisch anmutenden Bau unweit der anderen Räumlichkeiten untergebracht ist. Zwar dürfen Sie die wunderschön gestalteten Bibliothekssäle nicht persönlich betreten und nur über ein Absperrband einen Blick hinwerfen. Dafür hält der Verbindungskorridor zwischen beiden Sälen einige Überraschungen für Sie bereit: Im Kuriositätenkabinett sehen Sie etwa kostbare Handschriften, Globen, Karten, sonderbare Sammlungen und Fossilien, die einst der wissenschaftlichen Forschung dienten, aus nächster Nähe.
Gut zu wissen:
Beginnen Sie Ihren Rundgang durch diese Bibliothek in Prag im Philosophischen Saal (Filosofický sál). Hier folgen Sie der spirituellen Geschichte der Menschheit, beginnend bei Adam und Eva, wenn Sie Ihren Blick über das monumentale Deckenfresko schweifen lassen – ein Spätwerk von Franz Anton Maulbertsch, einem der herausragendsten Maler des österreichischen Spätbarocks. Blau, Gold und sanfte Pastelltöne wechseln sich ab, und meisterhaft gearbeitete Stuckelemente rahmen die prächtigen Deckengemälde ein. So manch einem fehlen die Worte beim Anblick dieses majestätisch anmutenden Raums. Die kunstvoll verzierten Buchregale aus feinem Nussholz erstrecken sich über zwei Stockwerke mit emporgestellten Galerien, in denen sich ein goldverzierter Lederband an den nächsten reiht.
Mehr als 42.000 Bände aus Mathematik, Physik, Astronomie, Kunst, Poesie und Geschichte umfasst der Philosophische Saal. Mit ein wenig Glück erhaschen Sie einen Blick auf einen zierlichen Schrank auf der linken Seite der Bibliothek. Darin untergebracht ist das Geschenk von Marie-Louise, Ehefrau von Napoleon Bonaparte, die eine leidenschaftliche Sammlerin war und der Strahov Bibliothek Prag kostbare und oft prunkvoll gebundene wissenschaftliche und literarische Schriften vermachte.
Über einen Korridor gelangen Sie in den zwischen 1671 und 1674 errichteten Theologischen Saal (Teologický sál). Im ältesten Teil der heutigen Bibliothek Prags dominieren warme, elegante Farben. In den raumfüllenden, holzvertäfelten Regalen stehen mehr als 18.000 Bände dicht an dicht. Vornehmlich handelt es sich um theologische Schriften, die Nordwand zieren jedoch ausschließlich historische Bibelausgaben in unterschiedlichsten Sprachen. Wenn Sie in den Saal hineinblicken, wandert Ihr Blick unweigerlich nach oben zur eindrucksvollen Gewölbedecke mit ihren aufwendigen Stuckarbeiten und meisterhaften Fresken, die religiöse und allegorische Szenen darstellen. Verbindungen zu italienischen Barockmeistern sind nicht zu übersehen. Zwischen den Bücherreihen stehen bibliothekarische Hilfsmittel, Landkarten und mittelalterliche Globen. Wenn der Raum dann noch von warmem Licht erfüllt ist, offenbart er seine eigentliche Pracht.
So viel Sightseeing macht hungrig! Kehren Sie nach Ihrem Rundgang durch die klostereigene Bibliothek Prag in den dortigen Biergarten ein, um mit Blick über die Altstadt und die glitzernde Moldau sowie die umliegenden Weinberge das hauseigene Bier und erstklassige böhmische Küche zu probieren.
Strahovské nádvoří 301, geöffnet Mo–So 10:00–22:00 Uhr
In direkter Nachbarschaft zur Nationalbibliothek Prags stehen vor dem Hauptgebäude der Stadtbibliothek (Městská knihovna v Praze) an manchen Tagen die Menschen Schlange. Allerdings planen wohl die wenigsten von ihnen eine Rechercherunde im großen Lesesaal ein. Vielmehr hat ein Turm aus Büchern ihre Neugier geweckt. Berühmt ist die Stadtbibliothek Prag vor allem für ihre überdimensionale Buchskulptur. Erschaffen hat die Installation namens Idiom oder „Säule des Wissens“ der slowakische Künstler Matej Krén im Jahr 1998 – Tausende Bücher, sorgsam geschichtet zu einem kreisrunden Turm, der scheinbar ins Unendliche wächst. Kréns Arbeiten beschäftigen sich häufig mit Büchern und dem grenzenlosen Wissen, das sie zur Verfügung stellen. Wer einmal einen Blick auf die deckenhohe Installation aus zig Büchern in sämtlichen Formen, Farben, Größen und Sprachen erhascht hat, dem wird schnell klar, warum manche Menschen ohne zu zögern bereit sind, die Wartezeiten von bis zu einer Stunde auf sich zu nehmen.
In der Mitte des gestapelten Bücherturms befindet sich ein schmaler Durchgang, durch den Sie nach oben blicken können. Am oberen und unteren Ende des Turms hat Krén Spiegel angebracht, die eine perfekte Illusion eines endlos langen Büchertunnels erzeugen. Gerade wegen dieses Spiels mit der Wahrnehmung ist der Bücherturm wohl einer der meistfotografierten Orte der tschechischen Hauptstadt – und einen Besuch wert.
Gut zu wissen:
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