AM
Die Sonne geht gerade auf, ich mache mich auf den Weg zum See. Es ist Viertel vor sechs. Ich laufe am Hafen entlang, überquere die kleine Brücke und erreiche das Strandbad Bains de Pâquis. In den frühen Morgenstunden treffen sich dort, wie in jedem Jahr, Partygänger und Frühaufsteher. Das ist die 13. Ausgabe der Aubes Musicales: zweiundvierzig Konzerte bei Sonnenaufgang. Im orangenen Licht der aufgehenden Sonne gehen einige Wagemutige schwimmen - gemeinsam mit den Schwänen. Die Band spielt eine Reihe von Songs, der Gitarrenklang hallt am Wasser nach und allmählich wird die Stadt wach.
AM
Ich setze meinen Spaziergang entlang der Docks fort. Ein großartiger Blick. Ich überquere die Straße und befinde mich in einem anderen Universum, einer echten grünen Oase, in der Windspiele eine harmonische Melodie erklingen lassen. Inmitten der Treibhäuser mit Hunderten von Bäumen und Pflanzenarten drehen ein paar Jogger ihre Runden. Das ist definitiv einer meiner Lieblingsplätze in Genf, eine Oase der Ruhe. Das Treibhaus im Hintergrund ist mir besonders wichtig: Ich habe es im Rahmen meines ersten Bildbandes „Botanical“aus allen möglichen Blickwinkeln fotografiert.
AM
Ich habe gerade im Quartier gefrühstückt. Aus reiner Nostalgie gehe ich durch die Rue du Vuache, an der dortigen Kunsthochschule habe ich mein erstes Studienjahr absolviert. In der Ecke des Keramik-Studios erkenne ich eine Gestalt im Fenster: Sie steht für eine Zeichnung Modell oder vielleicht ist es eine Skulptur, die ein Student kürzlich geschaffen hat. Das „Kathedralenglas“, das auch für die Gewächshäuser im Botanischen Garten verwendet wurde, verwandelt die Szene in ein kleines Gemälde.
PM
Wie üblich, gehe ich zu Fuß durch die Altstadt. Die Straßen sind hier besonders geschichtsträchtig. Ob mitten im Sommer oder mitten im Winter, dieser Teil der Stadt hat immer etwas zu bieten: eine Straßenszene, eine ansprechende Atmosphäre. Entlang der Kathedrale komme ich an einem bestimmten Baum vorbei, der jedes Mal ein wenig anders aussieht, doch stets dieselbe Wirkung auf mich ausübt. Ich habe den Eindruck, vor einem Gemälde zu stehen.
PM
Als ich die Altstadt verlasse, durchquere ich den Bastions Park und gehe dann über den Plainpalais Flohmarkt. Unten an der Bahnstrecke stoße ich zufällig auf einen Innenhof, ein Relikt der früher hier angesiedelten Industrie. Metallplatten auf dem Boden hallen unter meinen Schritten wider. Ich betrete das MAMCO, das Museum für moderne Kunst. Wie bei jeder neuen Ausstellung suche ich mit meiner Kamera auf der Schulter gern verschiedene Blickwinkel, aus denen ich die Kunstwerke anschaue.
PM
Ich lasse meinen Tag ganz gemächlich am Wasser ausklingen, dort wo die Arve in die Rhone mündet. Die Stadt hat vor einigen Jahren hölzerne Pontons installiert, auf einem davon betreibt ein Verein eine Bar. Eines der größten Vergnügen, die Genf zu bieten hat, besteht darin, dass man fast den ganzen Sommer lang bei 21° C im grün-blauen Wasser schwimmen kann. In ein paar Tagen breche ich zu einem anderen Zielort auf - mit einem Lächeln im Gesicht und der Gewissheit, dass ich gern in meine Stadt zurückkehren werde.